Ein Zitat von Tom Hiddleston

Als ich neulich mal wieder eine Runde bei Whatsapp herum schmökerte, erregte plötzlich ein ganz bestimmtes Profilbild sofort meine Aufmerksamkeit.

Es war total schlicht gehalten. Nur ein grauer Hintergrund und ein kurzes Zitat. Doch dieses Zitat trug in seinen 16 Worten alle meine aktuellen Gedanken und Gefühle mit sich.

„Wir alle haben zwei Leben.

Das Zweite beginnt,

wenn wir realisieren,

dass wir nur Eins haben.“

– Tom Hiddleston

So stand es da geschrieben. Schlicht und ergreifend.

Und es traf mich mitten ins Herz…

Ich kann mich noch erinnern, dass es eine Zeit in meiner frühen Jugend gab, da habe ich mir fast jeden Abend im Bett ziemlich viele Gedanken über den Sinn des Lebens gemacht. Über das Universum und wieso es diese Welt gibt. Über den Tod und ob das Leben hier auf der Erde denn Alles sein kann. Oder ob es nicht irgendwie mehr geben muss. Einen höheren Sinn oder so. Ich meine, da sind diese unendlichen Weiten… und unsere Erde, die da irgendwie hinein geraten ist und nun irgendwie da mit drin hängt. Das allein ist schon irgendwie un(be)greifbar genug.

Und dann sind da wir. Wir werden geboren – wir genießen im besten Fall ein paar unbeschwerte Jahre Kindheit – dann kommen wir in die Schule, um auf die Arbeit vorbereitet zu werden – dann gehen wir arbeiten und arbeiten und arbeiten und arbeiten… – und dann haben wir vielleicht noch ein paar Jahre und dann sterben wir.

Und dann sind wir… ja, was eigentlich? Tot – ok, ja. Aber was bedeutet das genau? Wir sind dann weg. Aber wohin denn genau? Wie kann man denn einfach weg sein? Und wie fühlt sich das dann an? Ist dann nichts mehr? Gar nichts? Wie kann denn bitte nichts mehr sein? Wie kann man denn bitte nichts mehr fühlen? So absolut nichts. Nichts hören, nichts sehen, nichts riechen, nichts schmecken, nichts denken… nichts. Absolute Dunkelheit und Stille. Kann sich das einer von euch vorstellen? Also mein Kopf fängt langsam schon wieder an zu brummen. Und ein schweres, beklemmendes Gefühl macht sich in meiner Brust und in meinem Bauch breit. Ein leichter Anflug von Panik kriecht meinen Hals hoch. Wie damals…

Ok, ok. Immer mit der Ruhe… Mal angenommen, es wäre vielleicht nur ähnlich wie Schlafen – ohne zu träumen, versteht sich. Mit dieser Vorstellung kann man zumindest mal etwas anfangen. Aber dann bliebe immer noch die Frage nach der Dauer: Für immer! Unendlich. Für immer nichts? Mal ehrlich, wie kann denn für immer nichts sein? Für immer, das geht doch gar nicht. 100 Jahre lang, ok… 1000 Jahre lang, ok… Aber für immer? Wir können doch nicht weniger als 100 Jahre hier leben und dann ist für immer nichts mehr!?

Und mal ehrlich – wozu dann das Ganze hier? Da passiert so etwas mega Verrücktes wie die Entstehung eines Universums…einer Welt…und Leben… und dann lebt dieses Leben, nur um am Ende zu sterben und für immer nichts zu sein?!? Hä? Das geht einfach nicht in meinen Kopf. Und das ging es früher auch schon nicht. Keine Ahnung, was irgendwelche Wissenschaftler dazu denken, aber für mich macht das keinen Sinn. In meiner Logik muss hinter dieser ganzen ‚Entstehung der Erde und wir leben hier‘-Nummer irgendein höherer Sinn stecken. Es kann einfach nicht sein, dass das hier alles passiert, nur um zu passieren. Ok, ja – vielleicht kann das schon sein. Aber dieser Gedanke frustriert und ängstigt mich einfach zu sehr, als dass ich ihn annehmen könnte.

Es ist einfach unmöglich, dass wir sterben und danach für immer(!) absolut nichts(!) mehr sein soll. Ich kann doch nicht einfach weg sein. Schalter umgelegt – Licht aus – Gedanken weg – Ende. Und das für immer. Nein. Tut mir leid, aber nein. Das ist einfach zu un(be)greifbar, als dass ich es akzeptieren könnte. Und das war es damals für mich auch schon. Es muss einfach irgendeine höhere Macht geben. Einen höheren Sinn und irgendein ‚Leben nach dem Tod‘. Wie auch immer das aussieht – da konnte ich mir schon damals vieles vorstellen…

Irgendwann, vielleicht in der 9. Klasse oder so, hielt ich ein Referat über ein Buch von Elisabeth Kübler-Roß. Ich weiß gar nicht mehr, ob die Themen zugeteilt wurden oder wir uns selbst ein Buch auswählen durften. Jedenfalls stellte ich „Über den Tod und das Leben danach“ vor. Und ich liebte das Buch. Ich liebe es noch heute.

Für alle die, die noch nie etwas davon gehört haben, eine kurze Erklärung: Elisabeth Kübler-Roß war eine Psychiaterin, die sich später der Begleitung Sterbender annahm und über diese Berufung auch mit Nahtoderfahrungen in Kontakt kam, über welche sie in diesem Buch berichtete.

Vor allem der Punkt, dass es sich bei Elisabeth Kübler-Roß um eine Schulmedizinerin handelte, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Patienten Zugang zu dem doch eher spirituellen Thema ‚das Leben nach dem Tod‘ bekommen hatte, faszinierte mich sehr. Ich verschlang ihr Buch und recherchierte darüber hinaus und schnell manifestierte sich in mir der Glaube daran, dass der Tod definitiv nicht das Ende ist. Dass es ein großes Ganzes gibt, einen Kreislauf aus (wieder) geboren werden und sterben und dass wir vielleicht verschiedene Stadien durchlaufen oder uns auf irgendeine Art ‚beweisen‘ müssen, bevor wir bzw. unsere Seelen letzten Endes im ‚Nirvana‘ oder so zur Ruhe kommen.

Wie genau dieses große Ganze aussieht, konnte ich natürlich nicht sagen. Aber ich spürte tief in mir drinnen, dass es existiert. Dass es einen höheren Grund für unsere Existenz gibt und auch für alles, was uns widerfährt. Dass wir hier sind, um über uns hinaus zu wachsen und etwas zu bewirken. Und dass der Tod keine Grenze ist, die uns ein für alle Mal von unseren Lieben trennt sondern dass wir auch darüber hinaus irgendwie miteinander verbunden sind und eines Tages irgendwie wiedervereint werden. Und von da an war ich die vielen letzten Jahre wirklich im Reinen mit dem Leben und dem Sterben…

…bis im April diesen Jahres mein bester Freund, mein Herzhund Schröder, von jetzt auf gleich von mir gerissen wurde. Einige von euch kennen Schröders Geschichte schon von mir persönlich oder von meiner Herzhunde-Initiative, für alle anderen möchte ich noch einmal von Schröder erzählen…

Schrödi kam 2011 im Alter von 8 Wochen in mein Leben. Er war so ein zuckersüßer kleiner Kerl. Aber auch ein richtiger kleiner Fiesling. Was hab ich die ersten Wochen über seine spitzen Welpenzähne und seine 5-Minuten-Attacken geflucht. Er hatte echt Glück, dass er so niedlich war… Das erste halbe Jahr gab es nur uns beide und so bildete sich sehr schnell ein sehr dickes Band zwischen uns. Umso schwerer traf es mich, als Schröder mit gerade einmal 6 Monaten ein hochgradiger, unheilbarer Herzfehler diagnostiziert wurde. Diese Nachricht war ein Schock und riss mir ein erstes Mal in unserem gemeinsamen Leben den Boden unter den Füßen weg. Und es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich irgendwie mit dieser Diagnose abfinden konnte.

Als Schröder 8 Monate alt war, traten sein Halbbruder Artus und mein jetziger Mann in unser Leben und wir wurden sehr schnell eine kleine Patchwork-Familie. Doch zwischen Schröder und mir bestand immer eine ganz besondere Verbindung. Er war mein Baby und irgendwie war ich seine Mami. Wenn wir spazieren gingen, entfernte er sich selten weit von mir. Meistens schlawenzelte er in einem kleinen Radius um mich herum und kam in regelmäßigen Abständen an meine Seite. Wir spielten uns ein und wurden dicke Freunde.

Für Schröder selbst war die Herzerkrankung nie wirklich ein Thema. Er kannte es nicht anders, denn sie war angeboren und er wusste sehr schnell mit ihr umzugehen. Und ich bin sicher, sein sturer Dickschädel hat ihm zusätzlichen Kampfgeist verliehen. Ich hingegen habe einige Zeit gebraucht, um mich von Schröders positiver Art anstecken zu lassen. Gerade am Anfang weinte ich täglich. Wenn es ihm super ging und er Spaß hatte, weinte ich, weil ich mich fragte, wie lange dies wohl so sein würde. Und wenn er mal einen schlechteren Tag hatte, weinte ich, weil ich befürchtete, wir würden nicht mehr viel Zeit miteinander haben. Die Prognose unserer Ärztin saß uns im Nacken und verstärkte meine Angst noch mehr: ‚Wenn es gut läuft, wird er drei Jahre alt.‘ ging mir immer und immer wieder durch den Kopf.

Doch mit der Zeit kam die Gewöhnung und mit der Gewöhnung rückten die Ängste und negativen Gedanken in den Hintergrund. Und Schröders immer lebensfrohe Art sorgte zusätzlich dafür, dass seine Krankheit mit der Zeit auch für mich beinahe keine Bedeutung mehr hatte. Die täglichen Tablettengaben und vierteljährlichen Kontrolltermine bei der Kardiologin wurden zur Routine und so verlor die Erkrankung nach und nach ihre Bedrohlichkeit. Und sicherlich spielte auch Schröders Allgemeinzustand eine große Rolle, denn man sah ihm seine Erkrankung von außen wirklich nicht an. Den Ultraschallbildern bei der Kardiologin nach zu urteilen, hätte er Zeit seines Lebens lethargisch in der Ecke liegen müssen – ganz das Gegenteil war der Fall: Schröder war Lebensfreude pur! Ich glaube, das war der Grund, warum auch ich mit der Zeit vergessen habe, mir stets und ständig Sorgen zu machen.

Und dann kam der Punkt, an dem ich im Reinen mit der Krankheit war. Schröder ging es gut, er war fröhlich und unbeschwert und das war alles, was zählte. Die Zeit verging und auf den ersten Geburtstag folgte der Zweite…

Schröder war die meiste Zeit total wild und verspielt und chaotisch und hibbelig. Doch wenn es drauf ankam, war er die Ruhe selbst. Wenn es drauf ankam, wusste er instinktiv, was zu tun war. Und so gab es einen Moment zwischen Schröder und mir während der Hausgeburt meiner Tochter, den ich wohl nie in meinem Leben vergessen werde: Ich lag gerade auf dem Sofa während mein Mann und unsere Hebamme in der Küche eine Suppe für mich zubereiteten, als eine nächste Wehe aufkam. Der sonst so wuselige und überdrehte Schröder legte sich ganz ruhig und leise neben mich auf die Couch und kuschelte sich nah an mich, sodass ich mich in seinem Fell vergraben und an ihm festhalten konnte… Mein Schrödi… Er war so ein besonderer Freund.

Ich war so glücklich und stolz, als Schröder der Prognose trotzte und wir auch seinen dritten Geburtstag feiern durften. Und mit diesem dritten Geburtstag hatten wir die unsichtbare Hürde überwunden und ich vergaß meine Ängste vollends. Ich wusste rein rational, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch war, dass Schröder wirklich alt werden würde. Wenn man mich fragte, wie es um ihn bestellt war, antwortete ich immer wahrheitsgemäß, dass er leider jederzeit einfach tot umfallen könnte. Doch in meinen Gedanken war diese Vorstellung mittlerweile absolut ausgeschlossen. Irgendwie hatte sich tief in mir drin ein ganz sicheres Gefühl eingenistet, dass Schröder eine Ausnahme bilden und ein annähernd durchschnittliches Alter erreichen würde. Immerhin ging es ihm trotz seiner schweren Krankheit so unfassbar gut.

Die Zeit verging und auf den dritten Geburtstag folgten der Vierte und sogar der Fünfte. Und Schröder ging es weiterhin sehr gut. Natürlich gab es immer mal Tage, die ein wenig schlechter liefen, aber für den Schweregrad seiner Erkrankung und in Anbetracht seines für diese Verhältnisse doch schon ‚hohen‘ Alters ging es ihm wirklich blendend. Ja, er war schon ein wenig ‚alt‘ geworden und wurde insgesamt auch etwas ruhiger, aber er wirkte dennoch von seiner äußeren Erscheinung her gesund und munter. Und auch unsere Dogwalkerin Jacqui war jede Woche wieder positiv überrascht über seine Lebensenergie und -freude…

Am Dienstag, den 25.04., bin ich nach der Arbeit direkt einkaufen gefahren, während mein Mann mit unserer Tochter und unseren beiden Jungs einen Nachmittagsausflug machte. Ich war gerade dabei, die Einkäufe weg zu sortieren, als ich meine Tochter nach mir rufen hörte. Durch das Küchenfenster konnte ich sehen, wie sie zum Haus rannte und fragte mich, was sie mir denn wohl so Aufregendes zu erzählen hätte. Ich ging zur Tür, öffnete sie und alles, was meine kleine Maus sagte, war: „Du sollst schnell zu Papa kommen!“.

Ich dachte mir überhaupt nichts dabei, zog meine Latschen an und lief den schmalen Weg nach vorn. Auf halber Strecke kam mir mein Mann bereits entgegen. In seinen Armen lag Schröder. Im ersten Moment dachte ich, er hätte sich eventuell ein Bein verknackst oder gebrochen oder so. Doch dann sah ich, dass er ohne jegliche Körperspannung war und ihm die Zunge aus dem Maul hing. Doch auch dann wollte ich es nicht begreifen. Ich fragte irgendetwas wie „Was ist mit seiner Zunge?“ und mein Mann antwortete nur „Ich glaube, jetzt ist es passiert.“ Danach lief alles wie im Nebel ab. Ich spürte zunächst nicht viel, ich funktionierte irgendwie…

Die Tage vergingen und ich durchlebte diverse Trauerstadien. Ich weinte, ich machte mir Vorwürfe, ich wurde wütend, ich verdrängte, ich klammerte mich an den Gedanken, dass Schröder für den Schweregrad seiner Erkrankung doch wirklich ‚alt‘ geworden ist… und dann weinte ich wieder.

Allerdings glaube ich, dass ich nach außen hin relativ schnell wieder recht gefasst wirkte. Der Alltag spannte mich stark ein und ich nahm diese Ablenkung gern an. Doch sobald es ruhiger wurde, im Auto auf dem Weg nach Hause oder abends im Bett, brach ich zusammen. Sobald ich Zeit und Ruhe zum Denken hatte, kamen die Erinnerungen, die Fragen, die Trauer, die Wut, die Hilflosigkeit und sie alle warfen mich jedes Mal wieder zu Boden.

Und plötzlich war ich wieder an dem Punkt, dass ich nachts im Bett lag und über den Sinn des Lebens und die Unausweichlichkeit des Todes nach grübelte. Schrödi ist weg. Eigentlich glaube ich tief in mir drinnen zwar daran, dass er nur den Ort gewechselt hat, aber ich konnte es nicht mehr spüren. Schrödi ist weg und dass es ein ‚Leben nach dem Tod‘ gibt, kann ich mir zwar vorstellen, aber irgendwie hatte ich den Draht zu diesem Gedanken ein Stück weit verloren. Und selbst wenn der Tod tatsächlich nicht das Ende ist, so ist Schröder im Moment dennoch nicht mehr bei mir. Er hat diese Welt verlassen und plötzlich verlor ich mich wieder in diesen irgendwie faszinierenden, aber auch total beängstigenden Gedanken über den Tod.

Es gibt nicht viel auf dieser Welt, was wirklich unausweichlich ist. Jeder von uns hat sein Leben mehr oder weniger selbst in der Hand. Doch früher oder später wird er kommen – der Moment, an dem unsere Zeit hier abgelaufen ist. Und es ist völlig egal, was wir dazu denken oder fühlen, ob wir es wollen oder nicht, ob wir bereit sind oder nicht. Wir können uns auf den Kopf stellen, wir können strampeln und fluchen, wir können uns festklammern, so sehr es nur geht. Früher oder später müssen wir gehen und es gibt nichts, was diese Tatsache ändern kann.

Ja, vielleicht ist das, was danach kommt, auch toll oder sogar noch besser. Aber vielleicht auch nicht. Und unabhängig davon: Ich will hier nicht weg. Ich mag mein Ich. Auch wenn es in letzter Zeit oft sehr weh tut, aber ich mag mein Leben. Ich liebe meine Familie und Freunde. Und ich weiß, dass auf dieser Welt viel Scheiße passiert, aber dennoch bin ich so gern hier. Ich bin so gern ich. Und ich möchte nicht weg sein.

Und je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr Panik bekam ich. Ich bekam jede Nacht auf’s Neue richtige kleine Panikattacken. Ich spürte eine Urangst in mir aufsteigen und hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Und ich bin ein Mensch, der sich Entscheidungen nicht gern abnehmen lässt. Ein Mensch, der nicht so gern das Steuer aus der Hand gibt und schon gar nicht möchte ich mir mein Leben wegnehmen lassen. Diese Urangst schnürte mir die Kehle zu und machte mich verrückt. Ich musste diese Gedanken gezielt verdrängen, um überhaupt irgendwann schlafen zu können. Und nach so einigen Nächten mit diesen Panikattacken entschied ich, dass ich mich nicht in dieser Angst verlieren sondern sie annehmen und zu meinem Antrieb machen würde.

Meine Zeit hier auf Erden ist begrenzt. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch geschenkt wird. Früher oder später muss ich gehen. Soviel steht fest. Aber ich kann alles dafür geben, die mir geschenkte Zeit bestmöglich auszukosten. Dieses Leben hier ist mein Leben. Meines ganz allein. Und auch wenn uns diese Gesellschaft hier immer wieder einreden möchte, dass wir bestimmten Bahnen zu folgen haben, dass es ’nun mal so ist, wie es ist‘, dass wir dies und jenes tun müssen, weil es ’nun mal so läuft‘ und ’nicht anders geht‘, so habe ich für mich persönlich beschlossen, das nicht mehr nur so hinzunehmen.

Warum sollte es denn nicht auch anders gehen? Wer bestimmt denn, was ich aus meinem Leben machen kann oder nicht? Wer hält mich denn fest? Ja, sicher ist es einfacher, den vorgetrampelten Wegen zu folgen. Sicherlich ist es überhaupt nicht einfach, sich gedanklich frei zu machen und sich zu trauen, eigene Pfade zu gehen. Aber warum sollte das denn nicht gehen?

Ja, vermutlich werden wir immer wieder auch Hürden in den Weg gestellt bekommen. Mit irgendwelchem bürokratischen Unsinn oder dem hoch gelobten ‚Das hat man schon immer so gemacht.‘. Aber letzten Endes kann vermutlich jeder von uns von diesem vorgetrampelten Pfad abweichen. Wir müssen es einfach tun. Sofern wir es denn wirklich wollen. Und ich bin jetzt bereit dafür. Ich habe meine Wanderstiefel angeschnürt und stehe in den Startlöchern. Ich möchte mein Leben auskosten. Und zwar möglichst in vollen Zügen. Ich möchte glücklich sein, so richtig! Nicht nur einen viel zu kleinen Bruchteil meiner Zeit. Ich möchte dieses wundervolle Geschenk, hier auf dieser Welt sein zu dürfen, nicht vergeuden…

Wie ich das umsetzen möchte, kann ich im Detail noch gar nicht sagen. Denn diese Gedanken betreffen natürlich nicht nur mich allein sondern auch meine kleine Familie.

Unsere Tochter, die es meiner Meinung nach mehr als verdient hat, dass wir versuchen, alle Pfade zu verlassen, die uns am Glücklichsein hindern.

Unseren Dickus, der bei allem natürlich auch bestmöglich eingebunden werden soll.

Und meinen Mann, dem ich über alles dankbar bin, dass er mich bei diesem Vorhaben schon jetzt tatkräftig unterstützt.

Ich weiß, dass es sicherlich kein leichter Weg wird. Und ich weiß, dass sowas vermutlich auch nicht von heute auf morgen geht. Vielleicht dauert es ein Jahr, vielleicht dauert es viele Jahre… Vielleicht werden wir auch immer wieder stürzen oder sogar scheitern… Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich alles versuchen möchte und werde, die ungeliebten Pfade zu verlassen. Ich möchte an den Punkt kommen, an dem ich das Gefühl habe, wirklich nach meinen eigenen Vorstellungen zu leben und nicht danach, was irgendwer anders als erfüllend betrachtet. Was unsere Tochter angeht, so haben wir schon vor ihrer Geburt einen der vorgetrampelten Pfade verlassen und uns für eine Freie Montessori Schule entschieden, deren Kinderhaus sie seit fast 2 Jahren besucht. Und darüber sind wir drei wirklich sehr glücklich. 

„Wir alle haben zwei Leben. Das Zweite beginnt, wenn wir realisieren, dass wir nur Eins haben.“

Viele Menschen kommen an diesen Punkt, wenn sie oder ihre Geliebten ein schwerer Schicksalsschlag ereilt. Mir hat der plötzliche Tod meines besten Freundes komplett den Boden unter den Füßen weggerissen, mich am Kragen gepackt und gegen die Wand gedrückt. ‚Bist du wirklich glücklich mit deinem Leben? Wenn nicht, dann steh auf und ändere, was auch immer dich stört! Und zwar jetzt!“.

Ich kann gar nicht richtig in (wenige) Worte fassen, was Schröder für mich war. Er war einfach alles. Er war mein Freund und Gefährte, er war mein Beschützer und Trostspender, er war mein Fels und mein Kasper… und was für ein Kasper er war. Es gab keinen einzigen Tag an dem er nicht wenigstens einmal irgendeinen Schabernack veranstaltete. Er war ein so fröhlicher, unbeschwerter und lebensfroher kleiner Kerl. Er war wirklich Jemand ganz besonderes. Und er hat mein Leben auf so viele Arten bereichert.

Diesen Text hier zu schreiben, hat mir einiges abverlangt. In den letzten Wochen und vielleicht schon Monaten habe ich versucht, alle Gedanken an Schrödi möglichst zu verdrängen. Weil es einfach zu sehr weh tut. Ich habe versucht, mir eine Mauer zu errichten und mich dahinter zu verstecken. Doch sobald ich einmal nicht aufpasse und mich auch nur in einer kleinen Erinnerung an meinen Schrödi verliere, bricht diese Mauer auf und ganze Bäche von Tränen laufen über meine Wangen. Doch ich will gar nicht traurig sein. Ich möchte mir Schrödi als Vorbild nehmen. Diesen tapferen kleinen Kämpfer, der dieser beschissenen Krankheit zum Trotz jeden Tag gefeiert hat. Und ich möchte daran glauben, dass ein kleiner Teil von ihm in mir weiterlebt und mich antreibt, mein ‚zweites Leben‘ so richtig auszukosten…